Rente 2040: Das „Rentnerparadies Ost“ ist dann vorbei
Die Versicherungswirtschaft hat von Prognos untersuchen lassen, wie die individuelle Versorgung im Alter durch die gesetzliche Rentenversicherung in 25 Jahren aussieht. Statt des Eckrentners wurden Berufe, Regionen und die dort jeweils herrschende Kaufkraft für die Studie herangezogen. Das „Rentnerparadies Ost“ ist dann Vergangenheit, aber es liegt auch nicht in München, Stuttgart oder Hamburg, wie die Untersuchung zeigt.
Wie entwickelt sich die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) bis zum Jahr 2040 – und was kann die tragende Säule der Altersvorsorge dann noch leisten? Im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) haben die Zukunftsforscher der Prognos AG versucht, eine möglichst präzise Antwort zu geben.
„Das Bruttorentenniveau, die Standardrente nach 47 Beitragsjahren gemessen am jeweiligen Durchschnittsentgelt, wird bis 2040 um sieben Prozentpunkte zurückgehen“, heißt es in der Studie „Rentenperspektive 2040“. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rente könnte bis 2040 auf 24 (2015: 18,7) Prozent steigen und das Bruttorentenniveau auf 39 Prozent absinken.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird am Mittwoch kommender Woche den Rentenversicherungsbericht 2015 im Kabinett vorlegen. Die langfristige Vorausschätzung über die Entwicklung der Rente umfasst dann den Zeitraum 2015 bis 2029. Bis zum Jahr 2030 gelten Obergrenzen für den Beitrag von 22 Prozent und für das Rentenniveau von 43 Prozent.
Anstoß zum Nachdenken
Die Studie soll nach den Worten von GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland einen Anstoß geben, damit die Menschen sich mit ihrem individuell im Alter zu erwartenden Lebensstandard auseinandersetzen.
GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland
Allein die regional unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung und die damit verbundene Kaufkraft werde dafür sorgen, dass die Rentenhöhe für sich genommen nicht das Maß der Dinge sei, ergänzte Prognos-Chefvolkswirt Dr. Michael Böhmer.
Prognos-Chefvolkswirt Dr. Michael BöhmerEs gibt keine Einheitsrente
Für die Studie wurden umfangreiche Basisdaten von der Deutschen Rentenversicherung Bund genutzt. Die Zukunftsforscher von Prognose entwickelten für die Untersuchung zudem für Frauen und Männer jeweils drei typisierte Erwerbsbiografien (Fachkraft, Spezialist, Experte/Akademiker). Alle sind 1973 geboren, da dieser Jahrgang nach heutigem Recht mit 67 Jahren in Rente gehen wird.
„Die Altersrente ist ein Spiegelbild des gesamten Erwerbslebens und in der Höhe individuell“, heißt es in der Studie weiter. „Eine Einheitsrente gibt es nicht.“ Auch der Eckrentner sei nirgends zu finden, erklärte Böhmer. Ebenso unterschiedlich verläuft die Entwicklung in den 402 deutschen Kreise und kreisfreien Städten.
Schaut man auf die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge, dann zeigt die Landkarte für 2014 ein klares Bild: Das „Rentnerparadies“ liegt in den neuen Bundesländern.
Verteilung der Rentenzahlbeträge in Deutschland im Jahr 2014Liegt das „Rentner-Paradies“ 2040 dann im bayerischen Wald?
Dies wird sich ändern. Da Wirtschaft und Einkommen sich im Süden Deutschlands stärker entwickeln, werden dort auch die Renten höher ausfallen. Allerdings wird die Kaufkraft der Rentner durch ein hohes Preisniveau in den Ballungsräumen deutlich gedämpft. Der beste Mix aus Rentenhöhe und Kaufkraft dürfte sich Prognos zufolge 2040 etwa im Bayerischen Wald finden lassen.
Liegt hier dann wirklich das neue „Rentnerparadies“? Ohne Zusatzvorsorge wird sich wohl niemand – wo auch immer – im Paradies wiederfinden, wie sich aus den Studienergebnissen ableiten lässt.
Mutige Prognose mit viel Unwägbarkeiten
Wie jeder Prognose so hängt auch diese von vielen Unwägbarkeiten ab. Interessant ist sicher der gewagte Blick bis zum Jahr 2040 und der methodische Ansatz der Berücksichtigung regionaler Aspekte (Wirtschaftskraft, Arbeitsplatzrisiko, Kaufkraft) sowie die Betrachtung möglicher Erwerbsbiografien für bestimmte Berufe (Sozialpädagogin mit zwei Kindern, Teamleiterin ohne Kind, Verkäuferin mit zwei Kindern, Elektroinstallateur, Lohnbuchhalter, Entwicklungsingenieur).
Letztlich bestehen aber die Unterschiede in Einkommensentwicklung, Rentenhöhe und Kaufkraft in den Regionen schon heute. Und die Prognos-Rechnung ist ohne den Wirt gemacht: Die Politik dürfte einem solchen Szenario nicht tatenlos zusehen.
GDV fordert Stärkung der zweiten und dritten Säule
Und Erdland hofft, dass die Politik nun endlich die zweite und dritte Säule stärkt. Zwar bleibe die gesetzliche Rente die tragende Säule.
Ohne die beiden anderen Säulen, die betriebliche Altersversorgung (bAV) und die private (staatlich geförderte) Altersvorsorge, werde es aber nicht gehen. Denen komme vielmehr eine größere Bedeutung zu.
Manfred Brüss