Die Vermittlerzahlen im DIHK-Register nehmen ab – und das schon seit 2011. Hauptsächlich geht dies zulasten der gebundenen Vertreter, während die Anzahl der Versicherungsmakler im Zeitraum der letzten fünf Jahre leicht gestiegen ist und zuletzt sogar stabil blieb. Was die Zahlen nicht verraten, ist das Ausmaß von Fluktuation und Statuswechsel. Eindeutig scheint aber: Der Trend zum „Makler“ ist unübersehbar. Dies zeigt eine Analyse von stichprobenhaft ausgewählten Zahlen der IHK Hannover.
Seit Januar 2011 ist die Zahl der registrierten Versicherungsvermittler laut Statistik des Deutschen Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) von 263.452 auf inzwischen 231.312 zurückgegangen. Das Minus an Vermittlern beträgt damit rund 12,2 Prozent.
Vornehmlich betroffen sind die gebundenen erlaubnisfreien Vertreter (§ 34d Absatz 4 GewO), deren Anzahl im gleichen Zeitraum von 182.224 auf 150.885 zusammengeschmolzen ist. Das Minus liegt hier bei circa 17,2 Prozent.
Im gleichen Zeitraum fiel die Anzahl der Versicherungsvertreter mit Erlaubnis (§ 34d Absatz 1 GewO) nur um circa zehn Prozent von 33.829 auf 30.007 Personen; die der Versicherungsmakler (§ 34d Absatz 1 GewO) stieg sogar um circa 2.500 Personen auf 46.648. Noch 1995 gab das Jahrbuch der deutschen Versicherungswirtschaft die Zahl der Maklerbetriebe mit 3.000 an.
Zahlen sind nur wenig aufschlussreich
Grundsätzlich bietet das Vermittlerregister recht wenig Anhaltspunkte für statistische Erhebungen, die Aufschluss geben könnten zu Wanderungsbewegungen, Neuanmeldungen und Abgängen. Auch eine Nachfrage des Autors nach konkreten Zahlen bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hannover ergab nur einen nicht sehr vielsagenden Befund.
6.465 Vermittler waren hier per 1. April registriert, davon 2.338 direkt über die IHK – in einem Bezirk, der circa 40 Prozent des Landes Niedersachsen abdeckt. Mit Hannover als Großstadt, den Mittelstädten Göttingen und Hildesheim und einem großen ländlichen Raum kann dieser durchaus so etwas wie einen Durchschnitt der deutschen Vermittlerlandschaft abbilden. Es wäre dann auf die aktuellen Zahlen gesehen eine Stichprobe von rund 2,8 Prozent.
Ausmaß der Fluktuationen
Im Zeitraum der echten Neuanmeldungen – Anfang 2009 waren die Übergangsregelungen abgelaufen und bereits tätige Vermittler mussten endgültig registriert sein – fiel die Anzahl von 206 in 2010 auf nur noch 125 im Jahr 2015. In Bezug auf den Gesamtbestand von 2.338 Registrierungen ist das nur eine Fluktuationsquote von circa fünf Prozent. Gravierender aber ist, dass der prozentuale Rückgang der Neuanmeldungen noch ausgeprägter ist als der Rückgang der reinen Abgänge.
Bei der IHK Hannover wird vermutet, dass sich die jährlichen Neuanmeldungen auf dem Niveau von 120 bis 140 einpendeln werden. Aus den Zahlen kann zumindest geschlossen werden, dass die Zahl der Neuzugänge am Markt zunächst die Abgänge nicht dauerhaft kompensieren wird. Thesen von Nachwuchsmangel können aufgrund dieses engen Befundes aber gestützt werden.
Statuswechsel hin zum ungebunden Vermittler
Statuswechsel finden vornehmlich von der Agenten- zur Maklerschaft statt. Die Anzahl wird von der IHK Hannover pro Jahr mit 20 bis 30 Wechseln angegeben. In Einzelfällen geht es auch in umgekehrte Richtung.
Der Statuswechsel ist völlig unkompliziert, kostet lediglich einen zweistelligen Betrag und verlangt den Nachweis einer anderen Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung. Selbst die Registrierungsnummer bleibt erhalten.
Da die Zahlen der zugelassenen Makler im IHK-Bezirk, wie die in der gesamten Bundesrepublik, zuletzt tendenziell konstant geblieben sind, gleichen die Zugänge aus der Agentenschaft und die echten Neugründungen die „natürlichen“ Abgänge wohl im Wesentlichen aus. Auch diese Zahlen sind wegen der geringen Stichprobe weiter zu hinterfragen.
Unterschiede bei der Privilegierung
Nicht die geringsten Anhaltspunkte gibt es für die Wanderungsbewegungen aus der gebundenen Vertreterschaft in die ungebundene.
Statuswechsel in die Selbstregistrierung sind wenig bekannt, obwohl Verbände aller Art diese Art der Anmeldung befürworten und so mancher Agent die sogenannte „privilegierte Partnerschaft“ durch das Versicherungs-Unternehmen, die ihn von einigen Pflichten wie der Sachkundeprüfung befreit, längst bereut hat.
Bezüglich der sogenannten Privilegierung gibt es aber ganz offensichtlich erhebliche Einstellungs-Unterschiede. Der hannoversche Versicherer Concordia zum Beispiel nimmt grundsätzlich keine Eigenanmeldungen von Vertretern vor.
Hinter den Kulissen – oder was eigentlich alles nicht bekannt ist!
Bei Vorgehensweisen wie derjenigen der Concordia müssen zumindest gesetzliche Qualifikations-Anforderungen von den nicht „privilegierten“ Vermittlern erfüllt sein.
Umgekehrt sind trotz aller Lippenbekenntnisse Anmeldungen der Versicherer ins Vermittlerregister nicht immer fachqualitätsbezogen, sondern oft verkaufspolitisch motiviert. Ein eindeutiger Nachweis für die gewünschte Fachkenntnis ist der Registereintrag daher trotz aller Selbstbekundungen nach wie vor nicht.
Offen bleibt, wo zum Beispiel Unteragenturen im Vermittlerregister zu finden sind. Gerade in letzter Zeit ist das Freisetzen und Unterordnen vieler kleiner Agenturen unter Großagenturen zu beobachten. Da Unteragenten in vielen Fällen kaum durch das Versicherungs-Unternehmen „privilegiert“ werden, wäre eine Eigenanmeldung oft angezeigt.
Schwierige Grenzziehungen
Die Zahl der Erlaubnisvertreter müsste dann, bezugnehmend auf die Unteragenturen, aber vermutlich höher sein als die zurzeit festgestellten rund 30.000. Regelrechte Anstellungen sind aus Kostengründen eher die Ausnahme. Insider vermuten daher Grauzonen und Schwarzarbeit, zumal Grenzziehungen zwischen Tippgeben, Namhaftmachen, Datenerfassen und „echter“ registrierungs-pflichtiger Vermittlungsarbeit interpretationsfähig sind.
Mitte 2002 gab die Avad – Auskunftsstelle über den Versicherungs-/ Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V. die Zahl der bei ihr registrierten Vermittler noch mit 527.753 an, darunter rund 205.000 Vertreter, rund 60.000 Mehrfachvermittler, 35.000 Makler, 72.000 Angestellte und 140.000 Nebenberufler.
Im Jahrbuch von 1995 waren das noch circa 300.000. Auch wenn die Zahlen von Avad und des Registers kaum vergleichbar sind, stellt sich hier die Frage nach dem rasanten Abstieg bei den Nebenberuflern.
Nachweis für Zunahme von Fachqualität?
Auch die gerade bekannt gewordenen Zahlen der Weiterbildungs-Initiative „gut beraten“ von 116.190 Bildungskonten lassen keine Rückschlüsse auf Anzahl und Fachqualität der professionellen Selbstständigen zu, sind doch circa 38.700 Angestellte unter den Kontoinhabern.
Demnach verbleiben rund 77.500 Selbstständige in der Bildungsoffensive. Damit hätte nicht einmal ein Drittel der im Register geführten Selbstständigen ein Weiterbildungskonto und nicht einmal die Hälfte der Ausschließlichkeits-Vermittler.
Michael Erdmann