Die gesetzlichen Krankenkassen haben die ersten neun Monate 2015 zwar mit einem Defizit abgeschlossen, sie verfügten per Ende September aber immer noch über hohe Reserven, wie aktuelle Zahlen aus dem Gesundheitsministerium zeigen.
Nach den vorläufigen Finanzergebnissen des ersten bis dritten Quartals haben die gesetzlichen Krankenkassen mit 159,06 Milliarden Euro rund 395 Millionen Euro weniger eingenommen als ausgegeben (159,45 Milliarden Euro), wie das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am Freitag mitteilte.
Zwischen Juli und September wurde den Ministeriumsangaben zufolge ein Überschuss von knapp 100 Millionen Euro erzielt, so dass sich das Halbjahres-Minus von über 490 Millionen Euro etwas verminderte. Ende März hatte sich der Ausgabenüberschuss auf rund 170 Millionen Euro belaufen.
Laut BMG lässt sich der negative Saldo weitgehend dadurch erklären, dass etliche Krankenkassen ihre Versicherten durch einen niedrigeren Zusatzbeitrag von durchschnittlich 0,83 Prozent (statt dem bis Ende 2014 geltenden Sonderbeitrag von 0,9 Prozent) an ihren hohen Finanzreserven beteiligt hätten.
Ohne diesen Sonderfaktor hätten die 123 gesetzlichen Krankenkassen in den ersten neun Monaten einen Überschuss von rund 200 Millionen Euro erwirtschaftet.
Knappschaft und Landwirtschaftliche Krankenversicherung im Plus
Bei den einzelnen Kassenarten gab es erneut höchst unterschiedliche Entwicklungen. So hatten die Knappschaft-Bahn-See und die Landwirtschaftliche Krankenversicherung auf Neunmonatssicht einen Überschuss im mittleren beziehungsweise niedrigen zweistelligen Millionenbereich zu verzeichnen.
Bei den Innungskrankenkassen (IKKen) fiel ein Minus in Höhe von über 200 Millionen Euro an, bei den Betriebskrankenkassen (BKKen) in Höhe von gut 150 Millionen Euro und bei den Ersatzkassen in Höhe von knapp 100 Millionen Euro. Nur einen leicht negativen Saldo gab es beiden Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen).
Das Finanzpolster der gesetzlichen Krankenkassen zum 30. September bezifferte das Ministerium auf 15,3 (Vorquartal: 15,2) Milliarden Euro. Der Gesundheitsfonds verzeichnete ein laut BMG „saisonübliches“ Defizit von knapp fünf Milliarden Euro.
Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds werde zum Jahresende 2015 eine Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro aufweisen, so das Ministerium unter Verweis auf Berechnung des Schätzerkreises.
Kostenanstieg um 3,7 Prozent
Wie das BMG weiter mitteilte, haben sich die Ausgabenzuwächse je Versicherten, die im Gesamtjahr 2014 glatt fünf Prozent betrugen, weiter abgeflacht. Lag das entsprechende Plus zwischen Januar und Juni noch bei 3,9 Prozent, so waren es in den ersten drei Quartalen nur noch 3,7 Prozent.
Im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Vorjahres nahmen die Ausgaben je Versicherten mit knapp über beziehungsweise unter zehn Prozent am stärksten in den Bereichen Schutzimpfungen und Behandlungspflege/ Häusliche Krankenpflege zu. Bei den Früherkennungsmaßnahmen und beim Zahnersatz waren insgesamt die Kostensteigerungen mit jeweils rund einem Prozent am niedrigsten.
Die Ausgaben für Zahnersatz machen allerdings nach wie vor nur gut ein Prozent der gesamten Ausgaben aus. Auf einen geringen Anteil von rund zwei Prozent kommen auch die Kosten für Behandlungspflege/ Häusliche Krankenpflege.
Größter Kostenblock waren erneut die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen (rund ein Drittel Anteil), die um etwas über drei Prozent zunahmen. Dahinter folgen der vertragsärztlichen Versorgung zugute kommende Ausgaben sowie denjenigen für Arzneimittel aus Apotheken mit jeweils einem rund halb so hohen Anteil.
Besserung beim Krankengeld
Deutlich abgeflacht hat sich der Anstieg bei den Krankengeld-Kosten. In den ersten neun Monaten betrug der Zuwachs zwar immer noch fünf Prozent. Allerdings lag das Plus in den vergangenen Jahren deutlich höher, teilweise sogar im zweistelligen Prozentbereich. So hatten sich die GKV-Ausgaben in diesem Bereich in nur zehn Jahren auf rund 10,6 Milliarden Euro (2014) verdoppelt.
Gründe hierfür nannte das Ministerium nicht, sondern verwies auf ein Sondergutachten, das der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) im Auftrag des BMG durchgeführt hat und heute vorstellen wird. In diesem werden die maßgeblichen Faktoren der Ausgabenentwicklung beim Krankengeld näher analysiert und Steuerungsmöglichkeiten in diesem Bereich aufgezeigt.
Björn Wichert