Benachteiligen Banken und Sparkassen ihre Kunden, indem sie bei Krediten Zinssenkungen nicht unverzüglich an diese weitergeben? Die Finanzaufseher wollen das per Umfrage prüfen.
Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank macht Kredite für Verbraucher zurzeit extrem günstig. Der Grund: Weil sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld zum Nulltarif leihen können, können sie dieses ihren Kunden zu niedrigen Zinssätzen zur Verfügung stellen. Doch haben Banken und Sparkassen die sinkenden Zinsen ohne Verzögerung an Verbraucher weitergegeben? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will dies jetzt überprüfen. Dazu werden die Finanzaufseher eine Umfrage unter Kreditanbietern starten. Bei der BaFin-Jahrespressekonferenz kündigte dies Elisabeth Roegele an, Exekutivdirektorin für Wertpapieraufsicht und Asset-Management.
Mit ihrer Umfrage begibt sich die Bundesanstalt, die dem Finanzministerium untersteht und insgesamt rund 3.000 Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen beaufsichtigt, auf neues Terrain. Die in Frankfurt am Main und Bonn angesiedelte Einrichtung hat sich neuerdings auch dem „kollektiven Verbraucherschutz“ verschrieben. Roegele kündigte eine weitere Anbieterumfrage zu Bonitätsanleihen an. Die Verzinsung derartiger Finanzprodukte hängt einerseits von der Zahlungsfähigkeit des beliehenen Unternehmens ab, andererseits auch von der ausgebenden Bank.
Niedrigzins auf Dauer stellt Geschäftsmodell der Banken infrage
Die aktuellen Niedrigzinsen beschäftigen die Bankenaufsicht nicht nur im Zusammenhang mit Verbraucherkrediten, sondern auch bei der Frage, wie die Finanzwelt sich insgesamt entwickeln wird. BaFin-Präsident Felix Hufeld erwartet Umbrüche, falls die Zinssätze auf Dauer so niedrig bleiben wie jetzt. Banken sind auf Zinsgewinne angewiesen – das niedrige Niveau hinterlässt seiner Beobachtung nach schon jetzt Spuren in den Bilanzen vieler Geldhäuser. Hufeld stellte die Frage in den Raum: „Wie muss ein Geschäftsmodell beschaffen sein in einer Welt, in der der klassische Zinsertrag vielleicht nur noch eine untergeordnete Rolle spielt?“
Noch aus einem weiteren Grund sieht der Bafin-Chef etablierte Geldinstitute vor Veränderungen. Zunehmend fordere die Digitalisierung bisherige Geschäftsmodelle heraus. Start-ups aus der Digitalszene, sogenannte Fintechs, bieten eine steigende Zahl neuer Finanzprodukte wie etwa Girokonten per Smartphone an. Ihre Angebote sind über mobile Geräte nutzbar und oft auf eine junge, technik-affine Zielgruppe zugeschnitten. Fintechs drängten mit Macht auf den Markt.
Dennoch hält Felix Hufeld auch das klassische Bankgeschäft auf lange Sicht für lebensfähig. Den „Stein der Weisen“ hätten die Fintechs noch nicht gefunden. Auch ihre Geschäftsmodelle müssten erst einmal am Markt bestehen. Seine Institution werde sich den Veränderungen am Markt gegenüber neutral verhalten. Die BaFin werde weder etablierte Banken schützen noch junge Firmen bevorzugen. Ihrem Präsidenten zufolge gilt dabei das Prinzip: „gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regel.“
Foto: Elisabeth Roegele, buj.net/BaFin