Die seit 1934 geltenden Regelungen zum Provisionsabgabeverbot laufen zum Jahresende aus. Nach dem Willen des Finanzministeriums soll eine endgültige Klärung im Rahmen der Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebs-Richtlinie (IDD) in nationales Recht vorgenommen werden. Dabei sind insgesamt drei Bundesministerien und auch der Bundesrat im Spiel. Die Praxis dürfte in dem knapp zweijährigen Test ohne Verbot zeigen, welche Folgen eine dauerhafte Abschaffung des Provisionsabgabeverbots für die provisionsbasierte Versicherungs-Vermittlung und die Entwicklung der Honorarberatung hat.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte Ende September einen Referentenentwurf über die Verordnung zur Auflösung von Verordnungen aufgrund des Versicherungsaufsichts-Gesetzes veröffentlicht.
Aufhebung der Verordnungen bedürfen keiner weiteren Zustimmung
Aufgrund der im Zuge der Umsetzung von Solvency II notwenigen Novellierung des VAG soll eine ganze Reihe von Verordnungen zum Jahresende auslaufen. Sie werden im kommenden Jahr zum Teil durch Neufassungen ersetzt. Darunter fallen auch die beiden aus dem Jahr 1934 stammenden Verordnungen zum Provisionsabgabeverbot (darunter eine für die private Krankenversicherung).
„Die Bundesregierung wird im Rahmen der Umsetzung der Versicherungsvertriebs-Richtlinie prüfen, ob beziehungsweise welche Regelung an die Stelle dieser Verordnungen“ trete, heißt es in dem Entwurf. Die finale Entscheidung über den Erlass der Aufhebungsverordnung stehe noch aus, sagte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Diese dürfte in Kürze aber erfolgen.
„Nach hiesigem Verständnis regelt die IDD die zukünftige Ausgestaltung von Honorar- und Provisionsberatung. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, die Entscheidung über die Fortgeltung des Provisionsabgabeverbots im Rahmen dieses Umsetzungsverfahrens zu treffen“, sagte die Sprecherin des BMF dem VersicherungsJournal.
Noch kein Zeitplan
Nachdem das Europäische Parlament Ende November die Versicherungsvertriebs-Richtlinie (Insurance Distribution Directive – IDD) beschlossen hat, dürfte Anfang 2016 auch der Europäische Rat den in Trilog-Verhandlungen mit der EU-Kommission und Parlament gefundenen Kompromiss absegnen. Dann haben die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung zwei Jahre Zeit.
Die Federführung zur Umsetzung der IDD liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Wie eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage mitteilte, sind wegen Änderungen am Versicherungsaufsichts- und Versicherungsvertragsrecht auch das BMF und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eingebunden.
Ein Zeitplan könne aktuell noch nicht vorgelegt werden. Für das Provisionsabgabeverbot bleibe aber das BMF zuständig, sagte die Sprecherin.
Der Bundesrat könnte das Zünglein an der Waage werden
Letztlich könnte bei der IDD-Umsetzung und der damit verbundene Regelung zum Provisionsabgabeverbot der Bundesrat zum Zünglein an der Waage werden. Dabei muss man aber sehen, dass nächstes und übernächstes Jahr eine ganze Reihe von Landtagswahlen anstehen, die zu Veränderungen in der Zusammensetzung der Länderkammer führen könnten.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) verfolgt schon seit längerem keine Verstöße gegen das Provisionsabgabeverbot mehr, nachdem Gerichte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verbots geäußert hatten.
Und nach Aussage des Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) Michael H. Heinz gibt es heute schon Fälle von Provisionsabgaben.
Abzuwarten bleibt auch, ob durch den Wegfall des Provisionsabgabeverbots die Honorarberatung mehr an Schwung gewinnt. Diese Marktbeobachtung wäre eine gute Aufgabe für den beim Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) angesiedelten Finanzmarktwächter.
Manfred Brüss