Karte einstecken, PIN eingeben oder unterschreiben, fertig: Mit der Bankkarte an der Ladenkasse zu bezahlen ist denkbar einfach. Doch warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Eine neue EU-Verordnung regelt die Kartenzahlung neu – mit überschaubaren Vorteilen für den Kunden.
Der Wagen ist vollgetankt, der Fahrer zückt an der Tankstellenkasse seine Karte, da wird er plötzlich vom Terminal gefragt, wie seine Zahlung abgerechnet werden soll – über Girocard oder Maestro, alternativ auch V Pay. Bislang begegnen Verbraucher diesem ungewohnten Prozess fast ausschließlich an Esso-Tankstellen, bald wird er aber auch im Handel gang und gäbe sein. Was steckt dahinter?
Eine Karte, zwei Bezahlsysteme
Was vielen Verbrauchern bislang nicht bekannt ist: Ihre Bankkarte, deren offizieller Name seit 2007 Girocard lautet, ist in der Regel mit zwei Zahlsystemen ausgestattet. Neben der gleichnamigen Bezahlfunktion der deutschen Kreditwirtschaft ist je nach Karte und Bank zusätzlich das Bezahlsystem der Kreditkartenanbieter Mastercard oder Visa integriert. Deren Zahlfunktionen Maestro und V Pay unterscheiden sich vom Girocard-System in ihrer Akzeptanz – während Zahlungen über Girocard nur in Deutschland möglich sind, ist eine Bezahlung mit V Pay europaweit, eine Bezahlung mit Maestro sogar rund um den Globus möglich. Kurzum: Durch die zusätzliche Ausrüstung der Bankkarte mit Maestro oder V Pay soll dem Kunden der Einsatz derselben im Ausland ermöglicht werden.
Was einst fürs Ausland gedacht war, soll nach einer Vorgabe der Europäischen Union (EU) jetzt auch in Deutschland einsetzbar sein. Durch die neue EU-Verordnung über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge können, oder besser müssen, sich Verbraucher künftig bei jeder Zahlung entscheiden, über welche der genannten Zahlsysteme ihr Kauf abgewickelt werden soll – müssen deshalb, weil die Neuerung für sie zunächst keine Vorteile mit sich bringt.
Für Händler ein Fluch, für Kreditkartenanbieter ein Segen
Einen Vorteil hat die Auswahl nur für Mastercard und Visa, die nun auch an den Bezahlungen mit der Bankkarte mitverdienen können – für die Geschäfte ein klarer Nachteil, da eine Zahlung via Maestro oder V Pay für sie laut einem Online-Artikel der Süddeutschen Zeitung teurer komme als eine über Girocard. Für den Tankstellenbetreiber Esso sei dieser Umstand sogar Grund genug, die Kunden aktiv um die Bezahlung mit der Girocard zu bitten.
Verbraucher müssen indes keine Kosten befürchten, wenn sie sich für Maestro oder V Pay entscheiden. Für sie hat die zusätzliche Eingabe beim Bezahlen allenfalls längere Wartezeiten an der Supermarktkasse zur Folge. Attraktiv könnte es für sie aber werden, wenn die Kreditkartenanbieter die Nutzung ihrer Dienste mit Gewinnspielen und Bonuspunkteprogrammen forcieren.
Allmähliche Umrüstung der Kassensysteme anvisiert
Obwohl die neue Verordnung bereits seit Juni in Kraft ist, haben nur die wenigsten Geschäfte ihre Kassensysteme umgerüstet. Das holen sie in den kommenden Wochen nach. Nach Einschätzung Ulrich Binnebößels vom Handelsverband Deutschland wird der Handel demnächst damit beginnen, 800.000 Kassensysteme umzustellen, wie der Verbandsvertreter gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt. Das könne jedoch bis weit ins nächste Jahr hinein dauern. Und nicht nur an der Ladenkasse werden Verbraucher künftig nach ihrem bevorzugten Zahlsystem gefragt – auch Automaten, an denen eine Kartenzahlung möglich ist, werden in den kommenden Wochen entsprechend umgerüstet.