Beim 12. Hauptstadtgipfel des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung nahmen mit den beiden Staatssekretären Gerd Billen und Dr. Michael Meister maßgebliche Politiker zu aktuellen Fragen zu den laufenden Regulierungsvorhaben Stellung. Auch bei den finanzpolitischen Sprechern der SPD und Bündnis90/Die Grüne, Lothar Binding und Dr. Gerhard Schick standen neben Mifid II und der Förderung der Honorarberatung auch das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) im Zentrum.
Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium der Finanzen, trat Gerüchten entgegen, die Regierung habe bereits ein neues Lebensversicherungsreformgesetz in der Schublade, um angesichts der laufenden Niedrigzinsphase die Versicherer weiter zu entlasten. „Unser Ziel war, ökonomisch nicht gerechtfertigte Mittelabflüsse aus der Lebensversicherung zu stoppen“, so Meister.
VRG wird erst in 2018 evaluiert
Man habe das Gesetz mit sehr viel Augenmaß gestaltet und die Eigenkontrolle des Versicherers, die Rechte des Aufsehers sowie die Generationengerechtigkeit innerhalb der Versichertengemeinschaft gestärkt. Maximal 25 Promille Höchstzillmersatz dürfen auf den Kunden umgelegt werden, höhere Kosten muss der Versicherer gegenüber dem Kunden rechtfertigen. Es gebe gegenwärtig keine Überlegungen das LVRG zu korrigieren oder weitere Versionen dieser Gesetzgebung vorzubereiten.
Im Jahr 2018 werde es eine reguläre Evaluierung des LVRG geben. „Dann müssen die Anbieter von Lebensversicherungen zeigen, dass das Vertrauen tatsächlich erreicht wurde“, so Meister.
Der CDU-Politiker bekräftigte zudem, dass die Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler nach Paragraf 34f der Gewerbeordnung weiterhin bei den Gewerbebehörden verankert bleiben wird und nicht, wie immer wieder in der Branche gemutmaßt, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) übertragen werden soll.
Die Teilnehmer des 12. AfW-Hauptstadtgipfels mit Staatssekretär Dr. Michael Meister aus dem Bundesfinanzministerium, v.l.n.r.: Dirk Fischer, Stefan Heisig, Martin Stenger, Peter Schneider, Matthias Wiegel, Uwe Kremer, Jürgen Schirmer, Frank Rottenbacher, Christian Nuschele, Dr. Michael Meister, Tobias Haff, RA Norman Wirth, Ingo Buschmann, Karsten Dümmler, Tim Bröning, Olaf Czinna, Carsten Brückner, Andrè Wreth, Sven Meier, Jens Steiner, Alexander Schlichting, Friedrich A. Wanschka, Marc Schumann, Oliver Drewes, Charles Neus, Alexander Lehmann
Weitere Richtlinien im Gespräch
Billen gab einen Überblick über die derzeit laufenden Regulierungsumsetzungen und nannte neben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und der anstehenden Novellierung der Versicherungsvermittlerrichtlinie (IDD) vor allem die Änderungen durch MiFid II als Herausforderung. Hier werde die Dokumentation des Beratungsprotokolls durch die Einführung einer Geeignetheitsprüfung und ‑erklärung ersetzt, die voraussichtlich weitreichender als das bisherige Protokoll ausfallen wird.
Auch Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erläuterte beim AfW-Hauptstadtgipfel Teile des 260 Seiten starken Referentenentwurfs zum Finanzmarktnovellierungsgesetz, das die Mifid-Regularien in deutsches Recht umsetzen soll. Der Entwurf liegt seit kurzem vor und wird derzeit diskutiert. Insbesondere das Spannungsverhältnis zwischen unabhängiger und abhängiger Beratung werde dabei die Branche nachhaltig beschäftigen, so Binding. Unabhängig darf sich künftig nur nennen, wer keine Provisionen annimmt.
Der Preisausweis in der Finanzberatung sei generell vielerorts nicht klar, Problem sei die Verkopplung: „Die Bezahlung der Produkte und die Bezahlung der Beratung ist so zu trennen, dass jeder kapiert, wofür bezahle ich gerade. Die Beratungsqualität ist etwas anderes als das Produkt“. Schick sprach sich für die Verpflichtung aus, in der Beratung immer auch das entsprechende Nettoprodukt anzubieten und die Provision in Euro und Cent auszuweisen – bei Versicherungen wie Kapitalanlagen.
Hauptstadtgipfel – Chance für Politik und Berater
Der AfW — Bundesverband Finanzdienstleistung sieht den Hauptstadtgipfel als wichtiges Element für die Lobbyarbeit für unabhängige Berater. „Die mit Regulierungsfragen befassten Politiker nutzen unsere Veranstaltungen sehr gern, um in den direkten Kontakt zu den betroffenen Beratern und Vermittlern aus der Branche zu treten“, sagt AfW Vorstand Frank Rottenbacher. Daher werden sie auch gebeten rund die Hälfte ihrer Vortragszeit für Fragen aus dem Auditorium bereitzustellen. Eine Möglichkeit, die von den Teilnehmern ausgiebig genutzt wird. So baten Politiker mehrfach um Input und Praxisbeispiele. Zudem wurden sie auf Themen aufmerksam gemacht, die in Berlin noch nicht auf der Agenda stehen wie etwa die Rolle der Fintechs, die derzeit noch fernab jeder Regulierung in der Branche agieren.
Zum 23. Jubiläum des Berufsverbandes, der am 4. November 1992 gegründet wurde, trafen sich rund 40 Vorstände und Entscheider der Vermittlerbranche beim AfW in Berlin, um sich über die laufenden Regulierungsvorhaben zu informieren und ihren fachlichen Input anzubieten.