Geldinstitute dürfen für die Ausstellung einer Ersatzkarte für den Zahlungsverkehr kein Entgelt verlangen, wenn die Originalkarte abhandengekommen ist und der Kunde den Verlust seiner Karte angezeigt hat. Das hat der Bundesgerichtshof nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Deutsche Postbank AG mit Urteil vom 20. Oktober 2015 entschieden (XI ZR 166/14).
Es ist keine Seltenheit, dass Karten für den Zahlungsverkehr abhandenkommen. Die Deutsche Postbank AG hat für derartige Fälle vorgesorgt. Denn nach dem Preisverzeichnis des Geldinstituts müssen Postbankkunden für eine auf ihren Wunsch hin ausgestellte Ersatzkarte 15 Euro zahlen.
Unangemessene Benachteiligung
Diese Klausel hielt der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) für unrechtmäßig und zog gegen die Postbank vor Gericht. Die Unterlassungsklage war zunächst erfolglos. Sie wurde von den Vorinstanzen als unbegründet zurückgewiesen. Erst mit seiner beim Bundesgerichtshof eingelegten Revision errang der VZBV einen Sieg.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hält die von dem Geldinstitut verwendete Klausel nicht der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Denn danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Bei Anwendung der Klausel kann die Postbank nämlich auch dann ein Entgelt für eine Ersatzkarte verlangen, wenn deren Ausstellung wegen einer nach einem Verlust erfolgten und vom Kunden pflichtgemäß angezeigten Sperre der Erst- beziehungsweise Originalkarte erforderlich wird.
Das hält der Bundesgerichtshof jedoch für nicht rechtmäßig. Denn gemäß § 675k Satz 5 BGB ist ein Geldinstitut in Fällen, in denen eine bloße Sperrung einer Karte nicht ausreicht, dazu verpflichtet, seinen Kunden eine Ersatzkarte zu überlassen. Für die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung dürfe ein Geldinstitut kein Entgelt verlangen. Die Ausstellung einer Ersatzkarte sei aber in Fällen des Verlusts oder Diebstahls einer Karte eine zwangsläufige Folge der Erfüllung dieser Verpflichtung.
Noch offene Frage
Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof, ob für eine Ersatzkarte dann eine Gebühr berechnet werden darf, wenn eine Karte defekt ist oder sich der Name des Inhabers, zum Beispiel durch Heirat, geändert hat. Denn diese Frage war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Nach Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes kann in derartigen Fällen nichts anderes gelten. Denn in jedem Fall müssten die alten Karten beim Austausch gesperrt werden, um einen Missbrauch oder den Umlauf von mehr als einer Karte zu verhindern. Für eine abschließende Beurteilung dieser Frage müsse man jedoch die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, so ein VZBV-Sprecher.
Wolfgang A. Leidigkeit